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Höhen und Tiefen: Brodelnde Erde lässt die Kontinente wabern

Der scheinbar feste Boden wogt in Wirklichkeit wie Haut auf kochender Milch. Das heiße Erdinnere lässt das Land bis zu zwei Kilometer hohe Wellen schlagen.
Eine Landschaft mit Hügeln und Bergen im Hintergrund.

Die Kontinente mögen dick und massiv erscheinen, doch tatsächlich sind sie nur eine dünne Gesteinshaut. Darunter liegt der fast 3000 Kilometer dicke Erdmantel, dessen Gestein über Jahrmillionen in gigantischen Umwälzströmungen fließt und dabei Hitze aus dem Kern nach außen transportiert. Dieses permanente Brodeln aus der Tiefe lässt die Kontinente wogen wie Haut auf kochender Milch, berichtet nun eine Arbeitsgruppe um Simon N. Stephenson von der University of Oxford. Um bis zu zwei Kilometer heben und senken sich die Kontinente durch das heiße Tiefengestein, heißt es in ihrer jetzt veröffentlichten Analyse in der Fachzeitschrift »JGR Solid Earth«. Die so entstehenden Wellen in der Erdkruste erstrecken sich über mehrere hundert bis einige tausend Kilometer.

Für die Analyse stellte das Team zwei neue Datensätze zusammen, die seismische Messungen von Gesteinsdichte, Krustendicke und Daten über das Verhalten von Gestein unter unterschiedlichen Bedingungen enthalten. Mit Hilfe dieser Informationen schlüsselten die Fachleute auf, wie hoch die Kontinente abhängig von der Dicke der Kruste und ihrer Dichte im Mantel schwimmen – das so genannte isostatische Gleichgewicht. Der Unterschied zwischen diesem Wert und der tatsächlichen Landhöhe muss dann direkt auf das Brodeln des Erdmantels selbst zurückgehen, das die Erdkruste hebt oder senkt. Auf Basis dieser Messungen kommt das Team um Stephenson zu dem Schluss, dass der Erdmantel einen ganz erheblichen Einfluss auf die Form der Erdoberfläche hat.

Demnach gibt es mehrere Regionen der Erde, in denen heißer Mantel die Kruste deutlich nach oben drückt. So liegt das Horn von Afrika bis zu zwei Kilometer höher als anhand der Krustenstruktur erwartet. Auch der Westen Nordamerikas verdankt seine oft spektakulären Berglandschaften einer Anhebung um einen Kilometer, und Island läge ohne diesen Effekt wohl zu einem beträchtlichen Teil unter Wasser. Abgesenkt sind dagegen zum Beispiel das Amazonasbecken, die Ebenen in Russland sowie die Inseln des Südwestpazifik. Diese Höhen und Tiefen entwickeln sich über Millionen Jahre; sie beeinflussen die Form der Kontinente und könnten womöglich auch ungewöhnlichen Vulkanismus im Inneren von Erdplatten erklären.

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